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Kirchweih - Das Fest der aufgestauten Lebensfreude

„Und a lustiga Krita,

dauert Sunnta, Mohda und Irta

und es ko si a schicka,

glei gor no bis zum Migga.“


Kraftvolle Lebensfreude kam früher vor allem an Kirchweih zum Ausdruck. Und wie es der obige Vierzeiler schon aussagt, konnte sich dieses Fest eine halbe Woche hinziehen, je nachdem die Stimmung einriss.

Es waren die Tage an denen der „Zachäus“, eine rote Fahne an den Kirchtürmen flatterte, um kundzutun, dass das örtliche Gotteshaus sein Bestehen feiert.

Es war aber auch das Fest, an dem das üppigste Essen aufgetragen wurde, an dem getanzt wurde wie der „Lump am Stecken“ und wo sich auch sonst noch Gelegenheit genug bot, dass sich die „Liabsleit“ näher kommen konnten. Deshalb wetterte noch im vorigen Jahrhundert so mancher Pfarrherr von der Kanzel über die Sitten- und Zügellosigkeit und die allzu weltliche Auffassung des Festes. Genützt hat es wenig, der aufgestauten Lebenslust war schlecht beizukommen. Und so quitschen auf den Tennenböden weiterhin die Ketten der „Kirtahutschn“ unter dem Juchiz`n der Burschen und dem Kreischen der Deandln. Geschutzt, wie man hierzulande sagt, wurde bis hinauf zum Tennenbalken, dabei wich so machem Deandl die letzte Farbe aus dem Gesicht. An Kirchweih blieb kein Musikant hinter dem Ofen hocken. Die „Spielleut“ in den Wirtshäusern gaben ihr Bestes, damit die Tänzer in Schwung blieben.

Die Lust am Kräftemessen ist dem bayerischen Stamm eigen, das ist eine uralte Weisheit, die darauf hinweist, dass zur rechten Zeit auch einmal gerauft wurde und mancher Kopf mit einem irdenen Maßkrug Bekanntschaft machte, oder das Mobiliar des Wirtes in die Brüche ging. Das gehörte zu den unangenehmen Begleiterscheinungen, die die gerichtliche Obrigkeit nach den Festtagen aufzuarbeiten hatte.

Kirchweih war vor allem auch ein unangenehmer Termin für das schnatternde Federvieh, denn so mancher Gans ging es im Vorfeld an den Kragen. Das Kirtabratl, welches auch aus Schweinernem bestehen konnte, wurde schließlich mit allerlei Schmalzgebackenem abgerundet. Kirtanudeln in den verschiedensten Formen und Ausprägungen wie „Ausgezogene“, Küachln, Semmelnudeln, Zwetschgenbavesen, Apfelküachln, Hasenöhrl, Hauberlinge, Schuxen und Strauben sind noch in den alten bäuerlichen Kochbüchern vermerkt. Allesamt köstliche Spezialitäten die auch von Stadtleuten hoch geschätzt werden. Auch die legendären Kirtamärkte auf den Dorfplätzen, an denen der billige Jakob all das feilgebot, was einem zum alltäglichem Gebrauch noch abzugehen schien, gehören der Vergangenheit an, wie so mancher andere Kirchweihbrauch auch.


Bild: Chiemgau Tourismus e.V.

Veröffentlicht in Kultur & Brauchtum am 13. Oktober 2021