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"Von dem wir alles haben" - Gedanken zum Erntedankfest


Das Bedürfnis seinem Schöpfer für die reichen Geschenke der Natur mit Opfergaben zu danken die uns im Jahreslauf zu Teil werden, reicht bis in die Anfänge der menschlichen Zivilisation zurück. So quasi von den antiken Opfertischen bis hin zu den Erntegaben in unseren Kirchen zum Erntedankfest, wenngleich einzuräumen ist, dass sich dieses als ein fester Bestandteil des Kirchenjahres erst ab den Beginn des 20. Jahrhunderts nachweisen lässt.

O, Gott von dem wir alles haben,

Wir preisen Dich, für Deine Gaben,

Du speisest uns, weil Du uns liebst

So segne auch, was Du uns gibst.

So lautet ein altes Tischgebet und genau dieser Gedanke liegt auch dem Ritual des Erntedankfestes zu Grunde. Als wäre alle Pracht der hiesigen Dorfkirchen zu schnöde wird zu diesem Festtag die Farbenpracht durch die Früchte der Felder und des Hausgartens gesteigert. Die rotbackigsten Äpfel und die großwüchsigsten Kürbisse schüttet man zum Dank für ein gutes Erntejahr vor dem Altar. Zentnerschwere Erntekronen, gebunden aus den heimischen Getreidesorten zieht man in den Chorräumen, für das Kirchenvolk unübersehbar, in die Höhe. Natürlich ist dazu auch die Predigt des Pfarrers entsprechend ausgerichtet, wobei es im Kontext immer darum geht, bei allem Wohlergehen und gelegentlichem Überfluss das demütige Danken nicht zu vergessen.

Die örtlichen Frauengemeinschaften oder Gartenbauvereine werden schon Wochen vor dem Fest aktiv. Die Erntekrone muss gebunden werden. Diese soll aus einheimischen Getreidesorten, wie Weizen,- Roggen,- Hafer- und Dinkelähren letztlich ein kunstvolles Gebinde bilden, das über den Zweck als Dankessymbol hinaus, als hintergründigen Nebeneffekt natürlich auch das Staunen des Kirchenvolkes hervorrufen soll. Deshalb wird auch nicht mit dem Einbinden von Blumen gespart. In manchen Kirchen des Chiemgaues und des Rupertiwinkls ist statt der Krone der Erntekranz populär. Im Anschluss an den festlichen Gottesdienst zieht dann die Erntedankprozession mit Musik, Vereinsfahnen, geschmückten Erntekörben und Kutschen hinaus in die Fluren der Gemeinde. Auch dabei darf eine Erntekrone in etwas kleinerer Ausführung nicht fehlen.

„Blick o Gott mit Wohlgefallen, auf die Flur, die wir durchwallen“

Unter diesem Motto zog man einst vielerorts hinaus, jedoch sind diese Umzüge, bedingt durch den zunehmenden Straßenverkehr mittlerweile schon zu einer Rarität geworden.

Etliche Tage vor dem Fest war bereits der Mesner mit einigen Helfern zu den Bauernhöfen und Gartlern unterwegs um Obst und Feldgemüse für die Dekoration vor dem Altar zu erbeten. Eier, Geselchtes, Honig, Butter, Käse und was sonst noch an hausgemachten ländlichen Köstlichkeiten zu bekommen ist, wird zur Ehre Gottes und dankend für ein gutes Erntejahr gespendet. Selbstverständlich auch üppiger Blumenschmuck. Wichtig aber sind zwei Dinge die allein schon aus dem christlichen Verständnis von Eucharistie nicht fehlen dürfen – Brot und Wein. Meist lässt es sich der ortsansässige Bäcker nicht nehmen, dazu einen ansehnlichen Brotlaib zu backen, versehen mit dem Segensmonogramm IHS, oder mit dem frühchristlichen Fischsymbol. In Weingegenden spenden die Winzer Trauben von ihren Weinbergen.

Die Opfergaben darf nach den Fest der Mesner behalten, das ist so der Brauch, als Dank für seine Arbeit für die Pfarrgemeinde, oder er teilt sie mit dem Pfarrer, wenn er sich außer Stande sieht, der allzu reichen Gabenflut Herr zu werden.

Das Erntedankfest hat seinen festen Eintrag im Jahreskalender immer am ersten Sonntag im Oktober. Individuell wird es aber auch schon gegen Ende September begangen.

Veröffentlicht in Kultur & Brauchtum am 20. September 2021