Tage der Gedanken und des Gedenkens
Der Allerheiligentag ist eigentlich den himmlischen Fürsprechern gewidmet. Es ist der Ehrentag derer, die das ganze Jahr über als Nothelfer angerufen wurden. Als die ärztliche Kunst noch wenig fortgeschritten war, setzte man bei Unfällen und Erkrankungen vorrangig auf die Hilfe bestimmter Heiliger. Ein Arzt aus dem Chiemgau soll einmal gesagt haben: „Bei uns konn jeda Dokta zuasperrn, weil d`Leit für jedn Wedam an Heiligen ham“ Im Laufe der Zeit haben sich die Gewichte eindeutig verschoben und man vertraut nun doch mehr der Schulmedizin, was aber in katholischen Gegenden der Heiligenverehrung keinen Abbruch tut.
Der Tag "Allerheiligen" ist aber auch der Gedenktag für die Verstorbenen. Die Nächte haben bereits eine beachtliche Länge. Die frostigen Nebelschwaden stimmen die Gemüter melancholisch. Die Gottesäcker verwandeln sich in Melodien von Blumen, in Orgien von Farben, in einen einzig prangenden Frieden (Hager). Die Hinterbliebenen versammeln sich zum Gebet an den Gräbern jener, die schon in diesem Frieden ruhen. „Requiescat in pace“.
Früher legte man in manchen Gegenden am Allerseelentag sogenannte Seelenbrote auf den Tisch, an den Platz, an dem einst der Verstorbene saß. Dieser Brauch lebt heute noch im Seelenzopf weiter, einem geflochtenen Hefeteiggebäck, welches dem Patenkind gereicht wird.
Der Friedhof, auf dem in den Tagen vorher noch ein geschäftiges Tun stattfand, im schaufeln, harken und pflanzen. Dieser Ort ist, sobald der Pfarrer segnend durch die Reihen geht, eine abgeschlossene Welt für sich. Man ist in sich gekehrt und in Gedanken bei denen die man verlor und mit denen man mit den eigenem Hauche Zwiesprache hält. Die Kerzen brennen dazu ihr schönstes Licht und wenn sie der Novemberwind für Augenblicke niederschlägt, es entsteht wieder, lebt aufs Neue, Symbol alles Seins - Gedanken und Gedenken.
