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Besinnlicher, erwartungsvoller Advent


Trotz der übertriebenen Geschäftigkeit und des überlagernden Kommerzes bleibt der Advent die Zeit des Nachdenkens und des seelischen Ausgleichs.

In früheren Zeiten hieß es in der Adventszeit früh aufstehen. Bereits vor 6 Uhr läuteten in manchen Dorfkirchen die Glocken zum Engelamt. Das "Rorate coeli" erscholl aus Dutzenden gerade erwachter, rauer Kehlen und ließ den Gebetshauch sichtbar zum Himmel emporsteigen, denn die Kirchen waren zu dieser Zeit noch unbeheizt und glichen wahren Eiskammern mit Sakralausstattung.

Selbst der Herr Pfarrer vorne am in düsteres Violett gehüllten Altar erschien plötzlich voluminöser als gewohnt, denn er trug unter der weißen Hülle des Chorrockes eine dicke Strickweste und noch eine wollene Joppe darüber. Wenn dann der Herr Oberlehrer mit klammen Fingern das adventliche Stakkatom "Tauet Himmel den Gerechten" auf der Orgel anschlug, dann wusste nur er, weil es deutlich auf dem Notenblatt stand, dass dies eine echte Herrenchiemseer Komposition des Augustiner-Chorherrn Norbert Hauner war.

Der Benediktinerpater Johannes Werlin von Seeon legte schon 1646 eine Liedersammlung an, in der sich Text zu einem uralten, heimischen Weihnachtslied befand.

"Ach über mich, erbarme Dich!
Verstoß mich nicht,
weil d'Nacht anbricht,
ein Zimmerlein vergonne!"

So wie in diesen Zeiten befassen sich ganz viele alte Adventslieder mit der Herbergssuche, jenem emotional besetzten Thema der Obdachlosigkeit eines jungen Paares bei der bevorstehenden Niederkunft der Frau. Nicht selten trugen diese Lieder den unterdrückten Grimm der selbst erfahrenen sozialen Ungerechtigkeit gegen herzlose Herrenleute in sich. Denn schon von Geburt an trugen früher viele das Stigma des unerwünschten Erdengastes auf der Stirn, um mit diesem den steinigen Weg in die Armut einzuschlagen, der nur in ganz seltenen Fällen einen Ausweg nach oben bot.

Die adventliche Engelsbotschaft, die Verkündigung an die Hirten auf dem Feld, das Weihnachtsgeschehen ganz allgemein, konnte dabei tröstend und Hoffnung weckend wirken. So wie es Ludwig Thoma in seinem bekannten Weihnachtsgedicht von der "Heiligen Nacht" anklingen ließ.

"Und geht's ös in d'Mettn, ös Leit,
na roamt's enk de G'schicht a wenig zamm!
Und frogt's enk, ob dös nix bedeit',
das's Christkind bloß Arme g'seng ham."



Veröffentlicht in Kultur & Brauchtum am 24. November 2022