Header Bild
Home > Tipps & Tricks > Kultur & Brauchtum > Tanz der Pfannenflicker

Tanz der Pfannenflicker


Der Brauch, dass alle 25 Jahre in Bergen die Pfannenflicker tanzen, kann in Zusammenhang mit der Pestzeit in der Mitte des 17. Jahrhunderts gesehen werden. Als damals im Chiemgau die Pest wütete, waren die Pfannenflicker die ersten, die sich nach deren Ende wieder ins Freie wagten. Auch nach dem Abklingen der Seuche blieben die Menschen nämlich noch lange in ihren Wohnungen, mieden Zusammentreffen mit anderen Menschen aus Angst, sich anzustecken.

Besonders hart getroffen wurden die Bewohner des Bergener Maxhüttenareals. Es sollen nur noch sieben Menschen am Leben geblieben sein. Alle anderen hatte die Pest weggerafft. Aus Dankbarkeit gelobten diese Überlebenden, nach dem Ende der Seuche eine Wallfahrt zur Madonna von Altötting zu machen. Als sie nahe an den Gnadenort kamen, warteten sie vergeblich auf das Geläute, mit dem sonst normalerweise die Pilgerzüge empfangen wurden. Sie erfuhren später, dass es der Mesner nicht der Mühe wert fand, für die sieben Bergener die Glocken zu läuten.

Die ersten Kontakte der Bewohner mit den Nachbardörfern und der umliegenden Gegend erfolgten nach der Pest über wandernde Handwerker, wie zum Beispiel Besenbinder, Korbflechter oder Scherenschleifer und eben Pfannenflicker. Folgt man der Intention des Tanzes der Pfannenflicker, so waren die Pfannenflicker die ersten, die nach der Zeit der pestbedingten Isolation wieder zu den Menschen kamen und Pfannen und Blechhaferl reparierten. Dabei unterhielten sie die Leute auch mit Späßen und Tänzen, auf die der bis heute noch ausgeübte Brauch zurückgehen soll.

Nachdem die Zunft der Pfannenflicker heute ausgestorben ist, hat der Trachtenverein das brauchtumsmäßige Erbe übernommen und pflegt die Tänze und damit die Erinnerung an die schwere Pestzeit. Das „Dirndl“, das mit dem Pfannenflicker tanzen will, muss dabei eine „ganz besondere Voraussetzung“ erfüllen: Ledig und vor allem ein „Bursche“ muss es sein. Bis heute hält der Bergener Trachtenverein an der Regel fest, dass sich ausschließlich Männer am Pfannenflickertanz beteiligen dürfen. So bilden die „Tänzerinnen“ mit ihrer Verkleidung und teilweise recht beachtlichen Bartstoppeln im Gesicht ein originelles Bild. Diese Tradition geht auf das 16. Jahrhundert zurück, als Frauen nicht öffentlich im Theater auftreten und schauspielern durften. Der Pfannenflickertanz ist eine Mischung aus Tanz und Gesang, in dem die Handwerker von ihrer Arbeit berichten. Bisweilen geht es auch recht grob zu: Man gibt Watschen, spuckt, kneift und stößt.

Bei der Neuaufführung heute orientierte man sich an alten Fotos, die um das Jahr 1909 entstanden. Zuerst wird vor dem Haus des Bürgermeisters gesungen und getanzt. Dann kommen die verschiedenen Gasthäuser an die Reihe. Schließlich bilden acht Paare einen Kreis. Die Männer nehmen ihre hölzernen Werkzeugkisten vom Rücken, setzen sich darauf und schlagen rhythmisch mit dem Hammer auf eine eiserne Pfanne. Es folgen danach jeweils eine Strophe Gesang und ein Tanz.

Der Pfannenflickertanz wurde in den Jahren nach 1909 eher in unregelmäßigen Abständen zur Aufführung gebracht: 1928, 1953, 1978, 1994, 2005, 2014. Während man in der ersten Zeit noch versuchte, den Tanz nur alle 25 Jahre zu veranstalten, kommt er in der neueren Zeit alle zehn Jahre zur Aufführung. Das hat praktische Gründe. Man fürchtet zum einen, in der langen Zeitspanne von 25 Jahren könnte zu viel Wissen um den Tanz wieder in Vergessenheit geraten. Zum anderen findet der Pfannenflickertanz heute im fünfjährigen Wechsel mit der Faschingshochzeit statt, was sich in den letzten Jahrzehnten bewährt hat.

Veröffentlicht in Kultur & Brauchtum am 22. März 2022