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Wenn Pfingsten und Fronleichnam kommt


Pfingsten ist ein besonderes Fest. Die Natur hat alle Register gezogen. Wald und Flur stehen in üppigem Grün, die Wiesen in voller Blütenpracht.

„Veni sancte spiritus“ - Das Fest zu Ehren des Heiligen Geistes wird gefeiert. Früher waren die Kirchen voll und alle Blicke auf das Heiliggeistloch im Gewölbe über dem Altarraum gerichtet, wo der Mesner während des Gottesdienstes an einem dünnen Seil eine holzgeschnitzte Taube herabschweben ließ. Nicht überall aber war eine solche vorhanden. Da musste eine ausgestopfte Haustaube denselben Zweck erfüllen. Es passierte eines Pfingstsonntags in einer Chiemgauer Pfarrei ein Missgeschick, das die Heimatschriftstellerin Franziska Hager überlieferte. Die geflügelte Botin pfingstlicher Erleuchtung wollte nicht herabkommen. Der Herr Pfarrer blickte ungeduldig nach oben und rief schließlich hinauf: „De Taub`m“. Da blieb dem Mesner nichts anderes übrig, als Farbe zu bekennen. Er rief zum Pfarrer hinab: „De Katz hot`s z`riss`n“

Die Sonntage vor oder nach dem Pfingstfest sind traditionell die Termine für die großen Chiemgauer Wallfahrten zur Gottesmutter nach Maria Eck. In eindrucksvoller Stärke ziehen zuerst die Trachtler, dann die Veteranen den Berg hinauf, um auf vielfältige Art Dank zu sagen. An einem sonnigen Frühlingstag, den die Wallfahrer auch meistens haben, werden diese „Kreuzzüge“ zu einem eindrucksvollen Erlebnis für Beteiligte und Betrachter.

„Wenn die Antlaßrosen in ihren grünen Büschen stehn wie reif erblühte Frauen im Kleide von Seide, dann ist der Fronleichnamstag da“. So beschreibt uns Franziska Hager eines der schönsten Feste des Kirchenjahres, den „Kranzltag“ wie man ihn früher nannte. Denn es wurden in alten Zeiten tags zuvor kleine Blumenkränze gebunden, die in der Prozession mitgetragen oder ausgestreut wurden. „Das ganze Dorf steht im Dufte des gestreuten Grases, die Prozessionsstraßen ein in Andacht erhebender Birkengang, die kleinen, weißgekleideten Mädchen, ein wallendes Lilienfeld, jedes Haus ein Altar der Freude. Wenn die Sonne lacht und die Lüfte blauen, ein unendlich schöner Tag, dieser Fronleichnamstag auf dem Lande“. Alle Schönheit dienet dem Herrn!

Wer einen solchen Tag, wie ihn die Dichterin des Chiemgaus schildert, auch heute noch erleben kann, der weiß, dass von ihren schwelgenden Worten nichts zurückgenommen werden muss.

Veröffentlicht in Kultur & Brauchtum am 23. Mai 2022